Thursday, June 14, 2007

Wenn der Postmann zweimal klingelt....

Wenn er klingelt, egal ob ein- oder zweimal, fühle ich mich in der Regel gestört denn mein Postbote klingelt in 90% der Fälle dann wenn ich gerade schreibe, gerade irgendwas obskures esse oder eine DVD gucke.
Des Weiteren klingelt er mit 100% Sicherheit dann wenn ich gerade was Seltsames anhabe.
Mein gelegentlich (von fremden) gerühmtes Stilempfinden wenn es um Kleidung geht verflüchtigt sich nämlich zu einem Nichts sobald ich Zuhause bin.
Stilikone ist eh ein Begriff für den Arsch und drum ist es mir fast nicht peinlich zu zugeben dass ich Zuhause in wirklich abenteuerlustigen Outfits rumrenne.
Im Bestfall hebe ich nach dem aufstehen einfach irgendwas auf das auf dem Boden vor dem Bett gelegen hat und ziehe das zumindest solange an bis ich geduscht bin und gefrühstückt habe. Leider tritt der Bestfall eher selten ein und es kommt viel öfter vor das ich eines meiner Zuhause-Outfits anziehe mit denen ich, wenn ich ehrlich bin, nicht mal in Wanneeikel tot über´m Zaun hängen möchte.
Jeder hat sie ja...die sagenumwobenen Zuhause-Outfits die so schäbig oder seltsam sind das man sie auf keinen Fall in Gegenwart fremder Menschen tragen will ...warum man sie dann Zuhause trägt statt sie weg zu werfen ist selbst mir ein Rätsel.
Ein ebensolches Rätsel ist mir warum ich nach dem aufstehen nicht einfach mein Nachtzeug bestehend aus Pyjamahosen und Unterhemden bzw. ärmellosen T-Shirts anlasse.
Nö, stattdessen zieh ich dann doch lieber alte Jogginghosen an deren Hintern so ausgebeult sind das man von hinten aussieht als hätte man was für volle Windeln übrig. Dazu kombiniere ich gerne Xl-Shirts mit schrägen Aufdrucken wie z.B. Space oder Ibiza 2000, denen ich in guter alter Punkmanier die Ärmel und den Kragen rausgeschnitten habe. Oder all die dubiosen H&M- Einkäufe, wie z.B. die im Frühjahr 2000 hochmodischen Herrentunikas die bis heute nie Tageslicht gesehen haben weil ich dann doch nicht modemutig genug war um was buntbesticktes zu tragen. Aber wegschmeißen? Och nee, war ja teuer...kann man ja Zuhause tragen.
So kam es dann das ich auch heute, was meine Kleidung anging, nicht gerade salonfähig war als der Postbote klingelte.
Ich fühle mich von der Post eh immer genervt.
Es klingelt...ich gehe an die Gegensprechanlage...wer ist da?, will ich wissen....die Post...haben sie was für De Santiago dabei?, will ich wissen...nein heute nicht....letzteres wiederum führt dazu das ich mich frage wieso der Postmensch überhaupt bei mir klingelt wenn er nichts für mich hat.

Also...heute...es klingelt:

Ich: ja bitte?
Er: die Post..
Ich drücke auf.
Er: ich habe ein Einschreiben für de Santiago. Können sie bitte runterkommen?

Nein kann ich nicht!, möchte ich am liebsten antworten, Ich habe einen Literaturpreis bekommen, ich kann unmöglich die Treppe runterlaufen um Post entgegenzunehmen. Komm gefälligst rauf!

Dummerweise ist meine Chuzpe nicht da wenn ich sie brauche und so kommt es das ich dem Postmann nicht sage er soll raufkommen sondern stattdessen panisch nach Schuhen suche.
Ich habe X Paar Schuhe...ziehe ich die an?...nein...stattdessen krame ich, weiß Gott warum, ganz hinten aus dem Schrank ein paar grüner Italo-Sneaker hervor die ich eigentlich auch nie draußen anziehe und renne so aufs lächerlichste kostümiert die Treppe runter.
Das ganze Unterfangen hat soviel Zeit in Anspruch genommen das der Postmensch mittlerweile selbst schon 2 der 3 Stockwerke hochgekommen ist und so schlechte Laune hat das er keinen Blick für mein grenzwertiges Outfit übrig hat sondern mir stattdessen einfach einen großen grauen Umschlag in die Hand drückt.

Wieder zurück in der Wohnung bemerke ich woher der Umschlag kommt, nämlich aus Polen.
Ich kenne niemanden in Polen.
Also, doch ich kenne jemanden in Polen. Einen polnischen Künstler dessen Arbeiten ich absolut genial finde, der aber nicht meine Adresse hat. Meine Vorurteile gegenüber dem Land Polen haben sich größtenteils in eine Vorliebe für die polnische Küche, den polnischen Menschen und das ganze polnische Was-Auch-Immer verwandelt. So dämlich einem wildfremden Polen den ich noch nie getroffen habe und über dessen Arbeiten ich mehr weiß als über ihn, meine Adresse zu geben bin ich dann aber doch nicht.

Meine Adresse ist in schönster Sonntagsschulen mädchenmäßgen Schönschrift verfasst, der Absender leider nicht. Der Absender ist klein und schmierig hingekritzelt und so leider fast unlesbar...kommt der Umschlag von Marcel? Oder von Maren? Von Mireille?...Ich weiß es nicht...es könnte alles mögliche bedeuten...der Ort ist scheinbar Potlowa Lesna...falls es besagte Stadt oder Region gibt.

Ich kenne da niemanden...die Briefmarken sind unheimlich, sie zeigen einen Mann im Anzug der durch Gucklöcher in einem Blatt Papier hervorlugt...vorsichtig rappele ich das Postgut hin und her...zumindest tickt es nicht...und das was im Inneren hin und her rutscht klingt auch eher nach einem Geschirrtuch als nach Antrax-Erregern, zum Teufel also mit meiner Paranoia, ich öffne den Umschlag.

Was ich im Inneren finde macht mich nicht wirklich schlauer...eher im Gegenteil,
denn das was ich aus dem Umschlag hervorziehe ist ein T-Shirt.
Es ist blau und vorne sind Schmetterlinge aufgedruckt. Die Schmetterlinge haben die Form und die Farben der brasilianischen Flagge. Scheinbar ist das Shirt tatsächlich für mich...allerdings ist es klein...nicht ein bisschen klein...sondern gewaltig klein...es ist ein Kinderhemd...ernsthaft...dieses Miniding würde keinem Menschen passen der über vier Jahre alt ist...Victoria Beckham mal ausgenommen.

Warum macht sich in Polen jemand den ich nicht kenne die Mühe mir...noch dazu per Einschreiben...ein brasilianisches Kinderhemd zu schicken? Und warum liegt kein Zettel und kein Brief bei?
Ist das ein Hinweis?
Habe ich ein Kind in Polen von dem ich nichts weiß?
Bekomme ich bald das passende Kind nachgeschickt?
Oder werde ich auf Unterhalt verklagt?
Denkt jemand in Polen ich hätte ein Kind hier?

Zwei Grapefruit-Wodkas später habe ich noch immer keinen Plan was denn der Anlass dieses Geschenks der dritten Art ist.

Warten wir einfach mal ab.

Amen &out

Wednesday, June 13, 2007

WÜHLTISCH-WÄIS oder wie ich Wäis Kianis Ehre verteidigte

Es gibt Dinge die sind ganz einfach. Zum Beispiel Farben die ein Oberhemd haben darf. Oberhemden dürfen gerne weiß, manchmal schwarz oder hellblau sein, auch nadelgestreift und in bestimmten Fällen ist sogar rosa in Ordnung. Ist eine ganz einfach Sache, die Sache mit den Oberhemden.

Die Sache mit den Wühltischen ist nicht ganz so einfach.
Der Intellekt eines jeden Menschen mit ein bisschen Verstand sagt ihm: Mach einen Bogen um Wühltische denn da streiten sich irre Hausmütterchen und ihre noch beknackteren und plastiktragenden Sprösse um Klamotten in denen Du nicht mal tot im Wiener Steffi unter´m Tisch liegen möchtest. Klar Sache, um Klamotten auf unordentlichen Haufen und in Körben wird ein Bogen gemacht.

Weniger einfach ist es bei den Wühltischen und Ausverkaufsständen in Einrichtungshäusern.
Obwohl ich mir jedes mal sage das ich nicht stehen bleibe, kann ich mich einfach nicht dagegen wehren. Okay, wenn da nur Gläser, Tischsets und Windlichter stehen rausche ich an dem Krempel vorbei ohne auch nur in selbige Richtung zu sehen, aber wehe, wehe ich sehe auch nur ein Stück weißes Porzellan oder irgendwas anderes was man dringend für die Küche braucht und ohne das man respektive ich keinen Tag länger leben kann weil ich es mir schon immer gewünscht habe z.B. einen Blaubarschdünster mit eingebautem Fischfiletthermometer. Sehe ich auch nur etwas das ansatzweise wie oben genannte Dinge oder wie irgendwas antihaftbeschichtetes aussieht, dann bin ich verloren. Ich habe irgendwann vor einigen Jahren von heute auf morgen beschlossen in meinem Haushalt kein farbiges Porzellan mehr zu dulden. Getrieben vom Wunsch nach ausschließlich weißem Porzellan verschenkte ich also den ganzen bunten Kram und jage seitdem nach jungfräulicher Keramik. Jeder weiß das er als alleinstehender Mann in der Küche nicht mehr als eine gute Pfanne, ein paar scharfe Messer, zwei Teller, zwei Whiskeygläser und einen ordentlichen Korkenzieher bzw. Dosenöffner braucht. Jeder nur ich nicht. In meinem wirren Hirn hat sich diese Porzellansache zu einem Sammeltick ausgeweitet und ich bin fest davon überzeugt das ich flache Teller, tiefe Teller, Suppenteller, Platzteller, Brotteller, Servierplatten, Fischplatten, Fleischplatten, Salatschüssel, Servierschüsseln, Eierbecher, Messerbänkchen, Kaffeetassen, Espressotassen, Milchkaffeeschalen, Müslischalen, Eierbecher, Kaffeekannen, Teekannen, Wasserkrüge und noch vieles mehr für mindestens nun, sagen wir mal...sagen wir einfach...etwa zwanzig Personen brauche. Zwanzig...in Zahlen geschrieben wäre das 20...nicht nur das diese Obsession mit einem gewaltigen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist, nein der ganze, wenn auch schöne Mist braucht auch noch viel Platz. Letzteres liegt unter anderem daran das man fast alle weißen Teile miteinander kombinieren kann und ich nicht dazu verpflichtet bin mich für ein bestimmtes Design zu entscheiden sondern immer einfach nur Teile finden muss die zueinander passen obwohl sie nicht zueinander gehören. Klingt einfach oder? Ist es aber nicht. Denn evt. finde ich heute eine total geile Platte die geradezu danach schreit blutige Steaks von meinem Herd zum Esstisch zu transportieren und ich kann dieses Geschrei nicht überhören und kaufe sie. Dann trage ich sie nach Hause und freu mich wie Bolle und kann es gar nicht erwarten das Teil meiner Sammlung einzuverleiben. Dummerweise muss ich aber schon in einer Woche wieder irgendwohin wo es weißes Porzellan gibt. Vielleicht nur um Kerzen oder ein Geschenk zu kaufen. Und dummerweise habe ich meine Scheuklappen Zuhause vergessen und komme nicht drum herum einen Blick auf die Porzellanabteilung zu werfen, vielleicht nur weil ich noch ein paar Müslischalen brauche. Dummerweise finde ich dann nicht nur die Müslischalen sondern auch eine Servierplatte die danach schreit blutige Steaks von meinem Herd zum Esstisch zu transportieren. Dummerweise habe ich ja schon eine solche Platte, aber diese hier, diese gefällt mir noch einen Tick besser. Also beschließe ich sowohl die Schalen als auch die Platte zu kaufen und nehme mir fest vor die andere Platte zu verschenken. Das passiert natürlich nicht weil ich mich unmöglich von einer so schönen Platte trennen kann und es endet damit das ich gottverdammt noch mal zwei Platten im Schrank habe. Ergo sind auch die Ausverkaufsstände und Wühltische in Einrichtungshäusern böse und werden hiermit zur Tabuzone erklärt.

Am schwierigsten ist es allerdings dem Sirenengesang von Bücherwühltischen in Büchereien und Supermärkten zu widerstehen.
Bücher sind schon immer meine größte Schwachstelle gewesen, größer noch als CDs. Ich lese im Schnitt 1-3 Bücher pro Woche was unter anderem daran liegt das ich a) schlecht schlafe und man b) ja nicht ständig seine Zeit mit schreiben, ficken und trinken vertrödeln kann.
Evt. liegt es c) auch daran das ich als Kind irre unbeliebt war, niemandem zum Spielen hatte und ich deswegen schon als Kind viel gelesen habe und bis heute gerne meine Nase in ein gutes Buch stecke. Hier habe ich allerdings das gleiche Problem wie mit dem Porzellan: wohin mit dem ganzen Kram? Links und rechts von meinem Bett stapeln sich die Bücher die ich noch nicht gelesen habe während sich die Bücher die ich gelesen habe im Wohnzimmer in Regalen und im Keller in Kisten stapeln.
Leihe dir doch einfach die Bücher die Du lesen willst!, raten mir meine Freunde mit einem Gesichtsausdruck als hätten sie den Stein der Weisen oder ein Heilmittel gegen Krebs entdeckt. Suuuuuper Idee. Da wäre ich alleine nie drauf gekommen. Ich besitze einen Bibliotheksausweis seit ich etwa 5 war und seit dem leihe ich auch schon Bücher aus. Dummerweise gibt es da ein bzw. zwei Probleme. Erstens brauche ich für ein Buch für das ich sonst 1-2 Tage zum lesen brauche plötzlich 2-3 Wochen wenn ich es aus der Bücherei entleihe. Weiß der Teufel warum aber ich habe in diesem Leben noch kein einziges Buch pünktlich zurück gebracht. Das ist kein Scherz. Ich bin in Bibliotheken von hier bis Sumatra dafür bekannt das ich Bücher immer mit dem Satz „ ich bin ein bisschen spät dran“ auf den Rückgabetresen lege. Das andere Problem ist das ich Eselsohren knicke, Sätze unterstreiche und gerne Bemerkungen an den Rand schreibe. An sich keine große Sache sorgt aber dafür das ich eigene Bücher die ich so bearbeitet habe nicht mehr verleihe weil ich nicht will das der Leihende sieht was ich so kritzele und ist bei geliehenen Büchern auch unpraktisch weil die Bücherei sich nicht wirklich über eine Überarbeitung ihrer Bücher freut.
Also kauf ich weiterhin Bücher. Ich kaufe sie überall. Im Internet z.B. bei Ebay oder Amazon, im Urlaub, in Flughäfen, in Buchhandlungen, gebraucht auf Bücherflohmärkten oder in Antiquariaten oder auf Wühltischen. Die Bücherei vor Ort betreibt einen solchen Bücherflohmarkt. Regelmäßig werden dort Bücher aus Privatbesitz, ergo Bücher die mal von jemandem gekauft wurden die dieser Jemand aber nun nicht mehr haben möchte, verkauft. Ich liebe diesen Markt. Denn erstens findet man dort sehr oft Bücher und Ausgaben die im Handel nicht mehr erhältlich sind ( a spy in the house of love, Verlorene Seelen), zweitens findet man dort Bücher die man schon immer lesen wollte die man aber immer wieder zu kaufen vergisst ( der Fänger im Roggen, Herr der Fliegen) und drittens ist es irre spannend zu sehen welche Bücher es sind die von den Leuten ausgemustert werden und die sie nicht mehr haben wollen. Nach meinem ersten Besuch auf besagtem Markt hatte ich das dringende Bedürfnis Herrn Konsalik und Frau Hera Lind anzurufen um ihnen mitzuteilen das jedes, ich meine wirklich jedes Buch, das sie je verkauft haben auf dem Bücherflohmarkt meines Vertrauens auf den erneuten Verkauf wartet. Ebenfalls spannend ist es wenn Widmungen oder Namen in den Büchern stehen. Wer ist wohl Miro Koschnik dem sowohl „die 120 Tage von Sodom“ als auch „Wir sind schwanger. Eine Anleitung für werdende Väter“ gehörten? Und was ist los mit Anneliese Delon die einst einen Gedichtband mit der Widmung : für die einzige, die wahre, die ich liebe!“ geschenkt bekam. Wird Annelise Delon nun von jemand anderem geliebt? Hat sie die Erinnerung an besagten Romeo nicht mehr ertragen? Bedeutete es ihr nichts? War der Galan evt. ein irrer Stalker und sie konnte es gar nicht erwarten das Buch wieder los zu werden? Ist Anneliese vielleicht tot und ihre Kinder interessierten sich nur für das finanzielle Erbe ihrer Mutter nicht aber für den emotionalen Teil?
Und was sind das für Menschen die Bücher wie den kleinen Prinzen, die Farbe Lila oder gar Grashalme weggeben? Als mein Lieblingsonkel F. starb gab ich ihm einen Brief und W.Ws. schmalen Gedichtband Grashalme mit ins Grab. Ich gab es ihm mit weil er mir davon erzählt hatte als ich etwa 16 war, es mir kaufte und entdeckte das es eines der wunderbarsten und lebendigsten Bücher ist das je geschrieben wurde. Wie kann man so etwas weggeben?
Bei den Bücherwühltischen in Supermärkten stellen sich mit ganz automatisch andere Fragen.
In erster Linie frage ich mich was ich da soll. Ich meine welche geistigen Leckerbissen könnte ein Bücherstand in einem Supermarkt für mich haben? Meine Freundin Trix Niederhauser würde mich wahrscheinlich ( wenn sie wüsste das ich Bücher in Supermärkten kaufe) mit einem Buch von Kant oder Tucholsky durch die Nationalbibliothek jagen und mir alle 5 Meter eins auf den Hinterkopf hauen und laut darüber referieren das es dem Geiste nicht förderlich ist seine Nase in Wühltischliteratur aus Supermärkten zu stecken. Aber das weiß sie ja nicht. Noch nicht.
Außerdem frage ich mich jedes Mal wer in den Märkten dafür zuständig ist zu entscheiden welches Buch mit dem hässlichen Stempel „Mängelexemplar“ versehen wird und somit als Ladenhüter den niemand will geoutet wird. Letztendlich entscheiden das wohl die Kunden in dem sie Bücher nicht kaufen, aber wer ist es der quasi zum Buch sagt. So, unsere Geduld ist abgelaufen, Du wirst verramscht!
Manchmal tut es mir in der Seele weh wenn ich sehe was das so alles gestempelt und in die Kiste verbannt rumliegt. Stephen King liegt neben Rätselheften, ein Buch über russische Künstlerinnen liegt neben einem Buch von( ich kann es kaum ausschreiben) Naomi Campbell, Mario Adorf, Nancy Friday und eine Frida Kahlo Biographie liegen neben einem Photoband der mir gewidmet ist und...Moment mal! Das kann gar nicht sein. Verstohlen blicke ich mich um und schlage dann den Photoband auf...tatsächlich...da steht „Für Danielle“...okay niemand weiß das ich besagter Danielle bin...aber dennoch liege ich auf einem Wühltisch in der Mayerschen Buchhandlung. Mir wird übel, ganz so wie damals nach dem ich zum ersten Mal griechisches Bier getrunken habe. Als ich am Telefon meinem Kumpel Gio davon erzähle sagt er mir ich soll mich nicht so anstellen, es sei nur ein Buch, noch dazu eines das ich nicht geschrieben habe. Stimmt, ist nicht meins. Wie wäre das erst sein eigenes Buch zwischen Sudokusammelbänden und verknitterten Liebesschnulzen zu finden?


Gestern war ich im Real-Markt. Und eigentlich wollte ich nur schnell Mandelschokolade und Sushi für unterwegs kaufen als ich mir nichts dir nichts einen Büchertisch mit der Aufschrift SALE! Entdeckte. Noch während ich mich fragte was bloß die armen alten Leute ( die nie Englisch in der Schule hatten) und die armen jungen Leute( die nie im Fach Englisch aufgepasst haben) wohl denken was SALE! bedeutet , näherte ich mich dem verdammten Tisch und entdeckte sofort ein Buch das mich interessierte „ das sexuelle Leben der Franzosen. Ein Skandalreport!“. Ich meine wer kann da schon weglesen? Also griff ich mir das Buch und wollte es gerade aufschlagen als mein Blick auf das Buch fiel das im Stapel unter dem französischen Sexschinken gelegen hatte: Stirb, Susi! Von Wäis Kiani.
War das ein schlechter Witz? Nö, das Buch war als Mängelexemplar gestempelt.
Wer „Stirb“ noch nicht gelesen hat sollte das schnellstens tun. Ich bin zum ersten Mal, ich traue es mich kaum zu sagen, in der Bunten über einen Artikel über das Buch gestolpert. Dummerweise habe ich ein mieses Gedächtnis wenn es um Bücher geht die ich lesen möchte und so kam es das ich, als das Buch endlich erschien, schon keinen blassen Dunst mehr hatte wer denn Wäis Kiani eigentlich ist. Glücklicherweise stolperte ich erneut über das Buch. Diesmal im Berliner Kulturkaufhaus schlechthin, erinnerte mich an den Titel, schnappte mir eine Ausgabe und setze mich damit in den Lesebereich und blieb da sitzen. Ich saß etwa drei Stunden dort und erschreckte mit meinen Lachkrämpfen solange meine Mitlesenden bis eine Angestellte des Hauses kam, mir eine Hand auf die Schulter legte und mich fragte ob alles okay sei.

Ja, antwortete ich, ich kaufe dieses Buch. Sie brauchen es nicht einpacken, ich lese es gleich hier noch mal.

Worauf ich hinaus will ist das „Stirb“ ein tolles Buch ist, das ich mag ( obwohl ich ein Mann bin) und obwohl Wäis mich mit ihrem zweiten Buch (das war wirklich nur was für „Mädchen“) enttäuschte bin ich nach wie vor der Meinung das der Frau ein Denkmal aus Designerschuhwerk gebaut werden sollte und das „Stirb“ weder heute noch morgen auf irgendeinen Grabbeltisch gehört.
Vielmehr sollte es jedem kleinen Mädchen in die Schultüte gepackt werden damit es lernt wie man ne coole Braut wird und damit es sich keinen Scheiß von irgendwelchen Typen erzählen lässt.
Ich habe dann alle drei Ausgaben von „Stirb“ gekauft die da traurig auf dem Wühltisch lagen. Klar ich habe schon die Gebundene Zuhause, aber ich habe ja Schwestern und Cousinen.

Was lernen wir daraus?
Richtig. Wühltische sind böse und Wäis Rat ist gut, wenn in diesem Fall auch nicht teuer.

Amen &out

Ikea´eske Heimsuchungen der dritten, vierten, fünften und sechsten Art

Ich muss es ganz offen sagen: ich hasse Ikea.
Nicht etwa weil meine Mutter mir bereits als Kind eingetrichtert hat das Ikea ein stilistischer Brennpunkt des schlechten Geschmacks ist ( ist es heute eh nicht mehr, Ikea ist zum H&M des Einrichtungsdesigns mutiert und klaut jeden noch so geilen Wohntrend bevor dieser überhaupt das Wohnzimmerder Elite erreicht) , nein sondern viel mehr wegen den Leuten die mir bei Ikea begegnen wenn ich dort nach Bilderrahmen und Vanillie-Kerzen suche:

Die Frischverliebten

Während im Rest der Welt die Singles nur im Frühling vom Anblick frischverliebter Paare belästigt werden herrscht bei Ikea der Ausnahmezustand: hier ist das ganze Jahr über Frühling. Liegt es an den poppigen ( habe ich das gerade wirklich geschrieben?) Farben oder an der fensterlosen Zeitlosigkeit des schwedischen Einrichters? An der Daimtorte? Den Kuscheldecken? Woran auch immer es liegt, es sorgt dafür das man bei Ikea keine fünf Meter weit gehen kann ohne über irgendwas gelbes oder ein verliebtes Paar zu stolpern. Da laufen sie dann rum, er trägt eine von diesen müllsackmäßigen Ikeataschen und sie rennt glückselig hin und her und stopft Zeug hinein. Natürlich bleiben sie alle zwei Meter stehen, sehen sich tief in die Augen und küssen sich lange und aufdringlich, pardon, leidenschaftlich.
Wie kann das sein? Ich bin als gestandener Mann mit viel Spaß am Leben und einem ausschweifendem Sexleben in den Laden gekommen und kaum sehe ich ein knutschendes Paar verwandele ich mich in ...Gott steh mir bei...in einen Single? Das ist doch nicht normal.

Die Zusammenziehenden

Noch schlimmer als die erste Gruppe.
Bei den frischen Opfern Amors kann man sich einbilden das die zwar gerade im Weg stehen und es aussieht als würden sie sich gegenseitig die Gesichter wegfressen, aber wer weiß?, in 2-3 Monaten ist vielleicht schon wieder alles vorbei und die beiden werden sich wie die Hyänen um das Sorgerecht für den soeben erworbenen Malmö-Stuhl und das Ekko-Geschirr streiten.
Bei den Zusammenziehenden geht das nicht. Immerhin ziehen die zusammen. Wohnt man erst mal zusammen wächst die Toleranzschwelle der meisten Paare und für einen Streit der noch vor kurzem zum Ende der Beziehung geführt hätte trennt man sich doch jetzt nicht mehr, der Umzug war schließlich so teuer und alle Geldreserven sind in die neue Ledercouch geflossen.
Das beruhigt schon ungemein wenn man weiß das einem das Weibchen bzw. der Gatte in Spe nicht so mir nichts dir nichts einfach abhauen kann.
Die Zusammenziehenden wollen natürlich auch dem Rest der Welt zeigen was für eine wunderbare Einheit sie sind und schieben den Ikeaeinkaufswagen deswegen auch gemeinsam und gleichberechtigt durch die Gänge. Hier und da bleibt man stehen und sagt so Sachen wie: der Stuhl würde toll ins Bad passen oder in der Küche fehlt genau diese Lampe!
Ansonsten herrscht hier ein geradezu inflationärer Gebrauch der Worte „Wir“ und „uns“, da wird ge-wirt und ge-unst als gäbe es kein morgen. Und was mache ich ? Ich ärgere mich! Die Zusammenziehenden haben nämlich nicht nur eine feste Beziehung und eine gemeinsame Wohnung sondern haben mir obendrein auch noch die letzte Vanille-Kerze vor der Nase weggeschnappt.

Die Schwangere ( samt stolzem Kindsvater in Spe)

Der emotionale Supergau!
Okay, ich schimpfe oft über schreiende Kinder allgemein, nervige Junx im besonderen und muss gestehen das mich der Anblick von stillenden ( jetzt hätte ich fast säugende geschrieben) Müttern mich nervös macht, was aber nur daran liegt das es für mich zwar normal ist jeden Tag Titten im Fernsehen und in Zeitungen zu sehen, nicht aber Im Cafe oder Kaufhaus, besonders nicht in Kombi mit einem daran hängendem Kind, ergo weiß ich also nie wie ich mich dann verhalten soll. Normal!, sagt mir mein Verstand. Aber was ist normal in so einem Moment? Einfach tun als wäre nichts? Sich solange diskret abwenden? Das kann es auch nicht sein, sagte ich mir nachdem ich mal bei einem Frühstück 25 Minuten lang eine Art Deko-Anrichte angestarrt hatte weil meine Sitznachbarin plötzlich die Bluse für den kleinen Jordan Roberto Justin geöffnet hatte und später der Gastgeberin erzählte das der Danielle sich wieder so komisch benommen hätte.
Wie gesagt, diese Themen machen mich nervös und sollten eigentlich eine heftige Antipathie gegenüber Schwangeren zur Folge haben. Aber nix ist. Im Gegenteil. Wenn ich bei Ikea bin bleibe ich ohnehin immer in der Kindermöbel Abteilung stehen um die ganzen bunten Sachen zu begutachten die es da gibt und gelegentlich auch um mir ein rosa Kinderzimmer anzusehen das, so groß wie eine Schuhschachtel, geradezu perfekt erscheint wenn man wie ich gerne eine kleine Tochter hätte. Wenn ich da dann stehe, die Hand versonnen auf den Wiegenrand gestützt, und eine von diesen unglaublich glücklichen Schwangeren vorbeizieht, rund und gesund wie Titanias Zofe dann stehe ich da und bin plötzlich kein toller Hecht mehr, kein richtiger Mann sondern nur ein Single mit promisken Lebenswandel und einem ungesundem Interesse an gutem Essen und gutem Sex.


KINDER, KINDER und nochmals KINDER

Als wäre ich mit den Schwangeren noch nicht genug bedient gibt es dann die nächste Stufe die dazu da ist mir klar zu machen wie viel Familienglück ich verpasse bzw. mir selbst durch meinen egomanen Single-Lebens-Stil vorenthalte: Kinder!

Nicht nur das die ehemals Frischverliebten, die dann Zusammengezogenen und schließlich Schwangeren nicht einfach Zuhause bleiben statt weiter ihr Umfeld mit ihrem Glück zu belästigen, nein sie rennen weiter durch das schwedische Interiorunterholz, darauf erpicht weitere Kleinode der Einrichtungswelt zu erjagen und dann schließlich mit vollgepackten Kombis ( hinten die Kindersitze mit Jana Britney Giselle Marie und Justin Robbie Becks, ganz hinten die Stühle Humonäää und den Teppich Grädinää) gen heimeliger und stadtnaher Reihenhaussiedlung mit verkehrsberuhigter Straßenlage am Grüngürtel zu reisen.
Natürlich machen sie das nicht alleine, nein sie bringen die Frucht ihrer Lenden natürlich mit. Warum nehmen alle diese glücklichen und meist überdurchschnittlich attraktiven Paare alle ihre Kinder mit zu Ikea? Liegt es daran das man bei Ikea die Blagen am Eingang abgeben kann und diese dann drei Stunden durch einen Pool voller bunter Bälle tauchen können während Papi und Mami neue Matratzen und Klicklaminat testen? Und wenn das der Grund ist...warum geben sie ihre gottverdammten Bälger und Blagen dann nicht an der dafür vorhergesehenen Ball-Pool-Kinderaufbewahrungsstätte ab? Scheinbar gibt niemand seine Kinder da ab. Wie könnte es sonst sein das mir überall im Schwedenreich hübsche und fröhliche Kinder begegnen? Nein, keine traurigen, dreckigen oder gar hässliche Schlechte-Gegend Kinder. Nein, die Kinder die mir bei Ikea über die Füße trampeln sind alle hübsch, sauber, gekämmt und sehen durch die Bank weg aus als ob ihnen eine großartige Karriere auf Hochbegabtenschulen bevorsteht. Sie sind nicht übergewichtig, sie haben keine Rotznasen und keines sieht verloren oder so unzufrieden aus als habe es Zuhause die Hölle auf Erden mit einer frustrierten Mutter und einem trinkenden Prügelvater. Das ist doch nicht normal oder? Wieso sehe ich solche Kinder nie auf der Straße? Auf Spielplätzen? Im Zoo? Wahrscheinlich gibt es sie gar nicht. Wahrscheinlich werden alle diese Bilderbuchfamilien irgendwo im schwedischen Untergrund gezüchtet und warten, in Zellophan verpackt, auf ihren Einsatz bei Ikea, wo sie miesepetrigen Singles wie mir vor Augen führen wie sinn- und freudlos ihr Leben ist und mich so dazu animieren a) meine Fähigkeiten im Bereich Kindesentführung zu überdenken und b) noch ein Paar Gabeln Muräää, ein paar Sofakissen Kantaplööö und einen Bettvorleger Timidieeee zu kaufen.
Genau so ist das. Diese Übermenschen sind in Wirklichkeit Massenvernichtungswaffen der Einrichtungsindustrie, schwedische Terroristen die mit Kugelbauch, Kussmund und Kindergequietsche bewaffnet daran arbeiten meinen Daseinsplan als glücklicher Single zu unterwandern.
So und nicht anders muss es sein. Wahrscheinlich werden die Frischverliebten, die Zusammenziehenden und die Schwangeren samt blitzsauberer Vorzeigekinder nach Ladenschluss eingesammelt in den Ikea-Keller geschleppt und dort bis zum nächsten Einsatz in gigantischen Tupperware-Dosen verstaut.
Oder kennt etwa von euch einen dieser perfekten glücklichen Saubermenschen? Kann mir jemand einen Namen nennen? Weiß einer wo die wohnen?

Dachte ich´s mir doch!

Oder liegt es am Ende doch an den vielen Beigetönen und an Billie?

Amen &out

Monday, June 11, 2007

THE DRINK DESASTER

Reputation ist scheinbar doch ein recht wichtiges Thema in meinem Leben.
Wie könnte es sonst sein das ich immer wieder in Situationen komme wo man mir sagt was ich evt. tun oder lassen sollte damit die Leute gut und dafür weniger schlecht von mir denken.
Sei immer freundlich wird mir geraten, benimm dich nicht immer so daneben sagt man mir regelmäßig, sag doch nicht so was bittet man mich. Sei bitte nett zu ihm!, sagt meine Cousine Nina bevor ich ihrem neuem Freund vorgestellt werde, halte dich bitte zurück sagt meine Oma wenn ich ihrem Nachbarn die Meinung geigen möchte...und nun reiht sich auch mein Cousin in die „tu dies und jenes nicht“-Geschichte ein.
Vorweg muss ich dazu sagen das mein Cousin Dirk mich immer bei allem unterstützt, zumindest bei den Dingen die er als gut betrachtet und auch bei einem Großteil der Dinge die er weniger gut findet.
Aber jetzt, nachdem er den Emaille-Eintrag gelesen hat konnte auch er sich nicht zurückhalten.
Du kannst so was nicht schreiben, sagte er neulich als wir im Kino saßen und Zodiak ansahen.
Was? Das ich trinke?, fragte ich. Nein, das Du soviel trinkst, kam es knapp hinter der Popcorntüte hervor.
Okay, scheinbar interessiert mein Alkoholbedarf zur Zeit die Leute mehr als was ich zu Papier bringe denn auch in einem Interview wurde ich kürzlich als erstes gefragt was ich von sogenannten Flatrate-Parties halte und ob ich mich selbst nicht als schlechtes Vorbild sehe.
Nö, sehe ich nicht, denn a) möchte ich kein Vorbild sein und b) finde ich mich ganz okay, Jessica Simpson, Harry Potter oder Madonna...das sind schlechte Vorbilder. Ich bin einfach nur ein junger Mann der im Herzen eigentlich ein irischer Bauer ist und dementsprechend gerne trinkt.
Ich hätte die ganze Sache schon fast vergessen wenn ich nicht neulich ein Dilemma im alkoholischen Bereich gehabt hätte. Nein, damit meine ich nicht meine angebliche Alkoholvergiftung oder meinen angeblichen Entzug sondern viel mehr meinen Lieblingsdrink.
Am liebsten trinke ich seit einiger Zeit frischen Grapefruitsaft mit Vodka, die Grapefruit pink, den Vodka polnisch denn Polen ist ja bekanntlich das neue Russland und polnischer Vodka das neue Schwarz.
Das ganze Problem bei dieser Angelegenheit ist nicht etwa der Alkoholgehalt sondern vielmehr die Zeit die es beansprucht um dieses wunderbare Frühstück zu mixen: ich brauche insgesamt um die Grapefruit zu entsaften, das crushed Eis aus dem Kühlfach zu nehmen und um die ganze Sache mit Vodka aufzufüllen etwa 5-6 Minuten. Was an sich kein Drama ist. Was aber an sich eher ungut dabei ist ist die Tatsache dass ich lediglich 3 Minuten brauche um das Ganze zu trinken. Ergo brauche ich etwa das Doppelte an Zeit um das Gesöff zu basteln wie ich brauche um es zu konsumieren. Scheißrechnung oder? Was soll ich also tun? Fertigen Grapefruitsaft nehmen? Mir einen neuen Lieblingsdrink suchen? Oder gar jemanden einstellen der mir beim mixen hilft? Selbst wenn ich erst einen Drink mixe und bereits, während ich ihn trinke, damit beginne einen weiteren Drink zu mixen bin ich noch etwa 3 Minuten trocken bevor ich wieder etwas zu trinken bekomme.

Wie gesagt in meinem kleinen Hirn wälzte sich dieses Problem in Form einer kleinen schwarzen Vodkawolke herum was wiederum dazu führte das ich neulich abends darüber in meinem bevorzugten Chatroom darüber redete was dann wiederum dazu führte das mich eine der anwesenden Damen, nennen wir sie einfach A., als krank diagnostizierte. A. kennt mich nicht ist aber scheinbar im Bereich Ferndiagnose firm genug um des Mitchatters Verhalten als gut ergo gesund oder weniger gut und somit auch weniger gesund respektive als krank zu beurteilen.
Warum bin ich krank?, will ich wissen. Weil ich trinke? Oder weil ich mich nicht dafür schäme das ich trinke.
Nein, Du bist krank, kommt es moralinsauer und einsilbig zurück.
Das lasse ich einfach mal so stehen, a) lässt die gute Frau nicht mit sich reden (weil das ja eh keinen Sinn hat!) und b) ist es mir egal was man in Hintertupfingen von meinem Trinkverhalten denkt, wer meint er müsse mit Steinen werfen soll das halt tun.

Auch meine Oma findet es nicht gerade gut dass ich überhaupt etwas trinke, was wiederum irgendwann dazu führte das sie sich darüber bei meiner Tante Thea ausließ.
DER JUNGE TRINKT!, rief sie aufgebracht. Warum gerade bei meiner Tante Thea weiß ich nicht denn Thea ist mit Abstand die schlechteste Anlaufstelle für eine solche Beschwerde, da meine Tante selbst eine ganz und gar glamouröse Trinkerin ist. Wer ABFAB mag würde Tante Thea mit ihren violetten Haaren, den riesigen Chanelohrringen und den pinken Fingernägeln lieben.

Meine Oma beschwerte sich also bei Thea, die wiederum nutze dann meinen nächsten Besuch in ihrem Haus um mich ins Gebet zu nehmen.
Danielle, die Oma sagt Du trinkst soviel. Stimmt das?, fragt sie mich mit einem Gin Glas in der rechten und einer Zigarette in der linken Hand.
Nein, eigentlich nicht. Also eigentlich habe ich schon seit etwa zwei Wochen nichts mehr getrunken, stottere ich durch den blauen Dunst hindurch in die Richtung in der ich Theas Gesicht vermutete.
Junge, sagt Thea und legt mir ihre rosa Krallen auf den Arm, Junge...Du musst dich zwingen!
Sprach´s und ließ die Eiswürfel in ihrem leeren Glas klappern.

Mit dem Trinken an sich ist das so eine Sache. Ein bisschen was Trinken gilt als gesellig und durchaus nett, ein bisschen mehr dagegen schon als bedenklich und nicht gesellschaftsfähig.
Ist man im Niemandsland zwischen 19 und 25 Jahren gilt übermäßiger Genuss von Alkohol auch als bedenklich, wird dennoch toleriert, die „jungen“ Leute sollen sich ja austoben.

Aber wenn man älter als 25 ist und offen zugibt das man gerne trinkt wird man eigentlich sofort als verkommen oder Alkoholiker abgestempelt.

Ich frage mich was das überhaupt soll? Ich bin jung und gesund. Ich bin kein Autofahrer. Ich amüsiere mich gerne. Ich bin single. Wer weiß wie viel ich erst trinken würde wenn ich nicht single wäre!
Wenn man die Statistik befragt ist man erstaunt wie viele Kilo bzw. Liter Bier und andere Spirituosen der Deutsche an sich so pro Jahr und Kopf umsetzt. Noch erstaunter ist man wenn man darüber nachdenkt wie viele sich offiziell vom Trinken distanzieren, wie viele nur ein „bisschen“ trinken und wie viele sagen das sie „eigentlich“ gar nicht trinken.

Mit Nicht-Trinkern ist es bei mir wie bei Vegetariern: vom Grundsatz her misstraue ich ihnen.
Veggies sind sogar ein sehr gutes Beispiel. Wenn mir jemand sagt er isst kein Fleisch weil er den Geschmack von Fleisch nicht mag toleriere ich das absolut, ich esse ja auch keine gekochten Möhren und keine Bockwürste. Wenn mir aber jemand sagt er isst kein Fleisch weil die arme Kuh nicht wegen seinem Hunger leiden soll...dann...nun, dann habe ich in den meisten Fällen eine schlechte Meinung von der Person. Gott weiß, jede Kuh die morgen aufwacht und das Bedürfnis verspürt einen Mensch zu essen wird diesem Gefühl nachgeben und bei der ersten sich ihr bietenden Gelegenheit würde sie ihre Zähne in eine fette Bauernwade graben. Ebenso blöde finde ich Exemplare die zwar Fleisch essen, aber keine Lämmer, Stubenküken oder Kälber auf dem Teller dulden weil das ja „Tierbabies“ sind. Okay, fühle ich mich zu der Person sexuell oder emotional hingezogen bin ich eher bereit solche Ideen hinzunehmen, aber blöd finde ich es trotzdem.
Und genau so ist das mit dem Trinken.
Du trinkst nicht weil Du es nicht verträgst? Weil Du unter dem Einfluss von Alkohol schlimme Dinge tust...fremde Menschen anpöbelst...Kneipenschlägereien anzettelst...in fremden Betten landest...deine Frau schlägst....das Studienkonto deiner Kinder plünderst? Gut...Gott segne dich für deine Einsicht und ich bin absolut der Meinung das Du lieber Apfelsaft statt Vodka trinken solltest.
Du trinkst nicht weil Du den Geschmack von Alkohol nicht magst? Auch das ist okay...ich trinke auch keinen Möhrensaft.
Du trinkst nicht weil Du trockener Alkoholiker bist? Hey, wenn Du zu mir kommst habe ich immer irgendwas Alkoholfreies und trotzdem gut Gekühltes für dich parat.
Du trinkst nicht weil Du Moslem bist? Auch das wird von mir mehr als nur ein bisschen geachtet. Religion ist ein guter Grund nicht zu trinken.
Du trinkst nicht weil Du gegen Alkohol bist? Was zur Hölle ist mit dir los? Ich verstehe das nicht. Es tut mir leid, wir können keine Freunde sein und ich werde dich ganz sicher nicht daten. Das meine ich ernst. Ich mag diese sauertöpfischen Moralapostel nicht die Alkohol ablehnen nur weil es Alkohol ist.

Und denen die denken dass ich krank bin oder die finden das ich so was nicht schreiben sollte sei gesagt das ich die Wörter Alkohol und Spaß nicht in unmittelbarer Relation zu einander sehe.
Ich trinke weil ich gerne trinke (ich habe angeblich schon als Kind auf Parties immer die Reste aus den Gläsern der Erwachsenen getrunken), nicht weil ich blau sein will. Um ehrlich zu sein hasse ich es betrunken zu sein weil ich dann dumme Sachen mache. Zum Beispiel bilde ich mir ein singen zu können, jawohl, oder so sexy zu sein das ich schon mal zu den Klängen von She bangs aus dem Radio im Regen tanzte und strippte...betrunken bin ich auch schon mal auf ein Tablett voll Kerzen getreten und habe so meinen Teppich versaut...betrunken habe ich immer das Bedürfnis meine Exen anzurufen...betrunken habe ich das Bedürfnis meine Mutter anzurufen...betrunken esse ich Dinge die ich nicht essen sollte wie z.B. Rastplatzblognese...betrunken flirte ich mit allem was Beine hat und erwache mit fremden Nummern auf meiner Hand...betrunken habe ich es auf Ibiza geschafft mir ein kreisrundes Loch in den Finger zu schlagen und weiß bis heute nicht wie das passiert ist...betrunken hatte ich ein Date mit XY bekannt aus Funk und Fernsehen...und habe es so dermaßen versemmelt das es mir bis heute peinlich ist XY zu begegnen oder auch nur im TV zu sehen...betrunken stand ich in der Berliner Wohnung einer Moderatorin und fragte sie bei dem 4 oder 5 Glas Champagner beiläufig ob sie sich in den Arsch ficken lässt...nicht von mir wohlgemerkt....ihr seht: Alkohol ist böse...oder...nein...nicht Alkohol sondern zuviel Alkohol...deswegen höre ich sofort auf zu Trinken sobald ich merke das ich angetrunken bin...außerdem trinke ich nur mit Leuten die mich nicht auf dumme Ideen bringen...und ich trinke nur wenn ich weiß das jemand ( jemand ist in den meisten Fällen mein Cousin Dirk) dabei ist der a) nicht trinkt und der mich b) einpackt sobald ich zuviel trinke und mich notfalls mit Gewalt nach Hause verfrachtet und dafür sorgt das ich in meinem Bett und nicht unter einer fremden Schlafzimmerdecke erwache.
Aus derselben Lust heraus aus der ich trinke kommt es auch vor das ich nicht trinke. Jawohl, manchmal monatelang, so lange das gewisse Leute sich beschweren ich würde sie nicht mehr mögen weil ich nicht mehr mit ihnen trinke und mich stattdessen an Cola Light und Bitter Lemon festhalte. Meine Mutter erklärt mir, wenn ich meine gelegentliche Abstinenz als Argument gegen meinen befürchteten Alkoholismus einsetze, das sich dieses Verhalten Quartalssäufer nennen würde. Gibt es das? Keine Ahnung. Aber wenn man trinkt und dann wieder nicht ist das ja quasi so als würde man nur hin und wieder trinken und somit ein mehr als akzeptables Verhalten.

Um auf mein Ursprüngliches Problem zurück zu kommen möchte ich noch erwähnen das ich dem Grapefruit-Wodka treu bleibe, dennoch ist die Anschaffung einer Magaritha-Maschine geplant um so eine alte Familientradition wieder einzuführen: die Mitternachtsmagarithas!
Also, hoch die Tassen.

Amen &out

HIV und andere Hässlichkeiten

Der oder die Nächste die in meiner Gegenwart einen HIV-Witz ( Hän ich verjessen) reisst der bekommt von mir eine geklebt. Das meine ich ernst.
Irgendwie habe ich das Gefühl das nur den wenigsten Frauen und Männern klar ist was für eine Bedrohung und somit absolut unwitzige Angelegenheit Aids ist.
Aber wie könnte es denn auch anders sein? Die Aufklärungsarbeit ist ja nicht gerade das was ich als fortschrittlich bezeichnen würde. Nehmen wir mal z.B. Kondomwerbung. Öffnet man diese Schublade findet man darin immer nur süßes und witziges. Warum ist Kondomwerbung in Deutschland immer bunt und im Großteil der Fälle an lustige kleine Männchen Tierchen oder andere verzuckerte Scheiße gekoppelt?
Warum sehe ich Plakate auf denen Präservative über Gemüse und Obst gezogen ist?
Das macht mich wirklich wütend.
Aufklärung sollte nicht witzig sein. Du hast keinen Humor!, wurde mir neulich vorgeworfen. Stimmt, zumindest in diesem Fall bin ich sehr humorlos. Zumindest in diesem Fall habe ich da keinen Sinn für...ich habe übrigens auch keinen Sinn dafür mir witziges oder süßes zu merken. Echt wahr, so was vergesse ich ganz schnell wieder und denke auch nicht daran wenn ich scharf bin, wenn ich im Bett bin oder wenn ich sonst irgendwas mache was mit Erektionen zu tun hat.
Und das ist auch der Grund warum ich im Zusammenhang mit Aids und Schutz keine lustigen Kondombrillen, verliebte Strichmännchen oder Gummigemüse sehen möchte.
Würde es nach mir gehen würde ich Bilder von Aidstoten an die Wand nageln. Um den Menschen zu zeigen was sie erwartet und was sie fürchten sollen. Sie sollen wissen das sie ein Kondom benutzen weil es ihr Leben rettet, nicht weil es so lustig ist.

Gerade bei den älteren und bei den ganz jungen Generationen herrscht ein unglaubliches Maß an fehlender Information und, vielleicht noch schlimmer, an Fehlinformation.
Spricht man mit Teenagern im Alter zwischen 13 und 16 erfährt man recht schnell das die „Kleinen“ zwar ganz genau wissen was Sex ist und mindestens 88 verschiedenen umgangssprachliche Bezeichnung für Geschlechtsverkehr und für die Geschlechtsmerkmale kennen...aber leider herzlich wenig darüber wissen wie man sich vor ungewollten Schwangerschaften und vor Geschlechtskrankheiten schützt.
Dazu kommen noch die Älteren, die die denken HIV bekommen nur Homos, Nutten, Junkies und...Frauen. Ja, ich habe durchaus schon Männer kennen gelernt die denken das nur Frauen HIV bekommen können. Es gibt übrigens auch eine ganze Menge junger Mädchen die denken das sie die Pille vor Aids schützt. Wieder andere denken man kann sich nur infizieren wenn man mit Sperma in Berührung kommt und ergo sei Koitus Interruptus ein gutes Mittel gegen Aids.
Die Pille ist meiner Meinung nach ein weiteres Problem. Verbietet die Kirche eigentlich die Pille? Ich weiß es nicht. Aber ich würde sie auch verbieten. Einfach weil sie ein Freifahrtschein und eine gute Entschuldigung für ungeschützten Sex ist. Wenn es nach mir ginge müssten die Menschen gezwungen sein Kondome zu benutzen. Einfach darum weil eine ungewollte Schwangerschaft auf der Angstskala viel weiter oben steht als eine evt. HIV-Infektion.
Von der Angst davor schwanger zu sein höre ich ständig.
Neulich rief mich meine Bekannte Charlotte an. Charlotte ist 19 und sehr einsam...was zu einem recht promisken Lebenswandel führt weil Charlotte Sex und Liebe nicht auseinanderhalten kann und denkt jeder Typ der sie vögelt würde sie auch automatisch lieben.
Charlotte rief also an und fragte ob ich mit ihr in die Stadt gehen würde. Da ich nicht gerade mit viel Freizeit gesegnet bin und Charlotte kaum kenne lehnte ich dies ab und wollte gerade schon auflegen als sie zu weinen anfing. Okay, ich hätte so tun können als ob mein Ohr schon zu weit vom Hörer weggewesen wäre um ihr Schluchzen zu hören aber...egal...ich fragte also was los sei. Nach langem hin und her sagte sie mir dann das sie in die Stadt wolle um einen Schwangerschaftstest zu machen. Wie es denn sein könne das sie schwanger sei, wollte ich wissen. Ja, da ist doch dieser Grieche aus dieser Bar und ja und nein und überhaupt. Dann fing sie an zu heulen wie schrecklich es wäre wenn sie schwanger wäre und das ihr Leben versaut wäre. Ich erinnerte sie daran das eine Schwangerschaft nach ungeschütztem Verkehr mit einer Barbekanntschaft das kleinste Problem wäre das man haben könnte. Was ich denn damit meinen würde, wollte Charlotte wissen. Es gibt da so eine böse Krankheit an der man schrecklich und schmerzhaft stirbt, giftete ich ins Telefon.
Aber ich mache das sonst nicht. Es war das erste Mal!, verteidigte sich Charlotte.
Erstens war es nicht das erste Mal und zweitens kann man sich auch beim ersten Mal mit HIV anstecken, erwiderte ich.
Außerdem hat der nichts!, kam die nächste Verteidigung durchs Kabel.
Weil?
Na weil ich den kenne und weil der verheiratet ist. Der ist ja seiner Frau treu!.
Ja, genau und weil der so treu ist war Madame gerade auf dem Weg einen Schwangerschaftstest zu kaufen.

Auch eine andere Bekannte von mir hatte kürzlich Sex mit einem Mann der a) weit weg wohnt und der b) kein wirkliches Interesse an ihr hatte und den sie ergo nicht so schnell wiedersehen wird (zumindest nicht wen sie auch nur für 5 Cent Würde hat)
Nach dem Sex erfuhr ich, weil wir uns sehr nah sind, jedes noch so pikante Detail...das sein Schwanz gepierced ist wusste ich genau so schnell wie mir auch erzählt wurde wie er beim Sex klingt und wie er aussieht wenn er kommt.
Ich erfuhr auch dass der Sex wirklich unglaublich schön war.
Was ich nicht erfuhr war das der Sex auch unglaublich ungeschützt war. Das wurde mir erst Wochen später nach verzögerter Regel und morgendlicher Übelkeit erzählt. Auch hier war die Angst vor einer Schwangerschaft größer als die Angst vor HIV und ähnlichem.
Und auch hier waren die Entschuldigungen ähnlich debil: das Kondom wurde halt vergessen! Außerdem hatte er ja nichts dazu gesagt. Und überhaupt habe der nichts, immerhin ist der ja ganz vorsichtig, der nimmt nämlich sonst immer ein Kondom und man sieht auch das der gesund ist.

Nein, tut man nicht! Man sieht es nicht...zumindest nicht die ersten Jahre. Ebenso verbreitet wie die Idee dass man den Menschen HIV ansieht ist die Idee dass die Infektion mit HIV an Schmutz bzw. Unsauberkeit gekoppelt ist. Neulich saß ich mit meinem Freund Ismet in der Buddha-Bar und hörte ihm zu wie er sich beschwerte dass „diese Schlampe“ sich nicht ohne Kondom ficken ließ. Besagte Schlampe war noch kurz zuvor die schöne Natalia gewesen, aber da gab es ja das Kondomproblem noch nicht.
Ich sah Ismet also über mein Bier hinweg an und fragte ihn wie es denn mit Schutz aussehen würde. Okay, ich weiß selber das die Aufklärung in gewissen gesellschaftlichen Schichten dürftig ist, aber was Ismet dann sagte war auch für mich neu.
Wieso? Ich bekomme kein Aids!, sagte Ismet.
Warum?, fragte ich begierig die Geheimwaffe des orientalischen Mannes zu erfahren.
Na, ich bin sauber und sie auch. Ich wasche mich immer vor und nach dem Sex!, kam es im Brustton der Überzeugung zurück.
Ich hatte def. nicht den Nerv an dieser Stelle über Infektionsrisiken zu referieren. Eine Frage konnte ich mir dennoch nicht verkneifen. Ich wollte wissen ob er denn nicht regelmäßig Kondome nimmt.
Na, beim ersten Mal schon, kam die stolze Antwort.
Ganz so als ob die betreffende Frau beim zweiten Mal kein HIV mehr haben könnte.

Was soll man dazu sagen? Mir bleibt nur ein letztes Wort an die Mädchen: Lasst euch von den Junx keinen Scheiß erzählen, lasst euch zu nichts überreden und besteht auf einen Test bevor es zu „nackten“ Tatsachen kommt.

Amen &out

Sunday, June 3, 2007

You got Emaille

„Junge, gib mir doch mal deine private Emaille, dann schicke ich dir auch eine“, sagt Oma am Telefon und sorgt so dafür das ich verständnislos den Hörer ansehe.
Meine Emaille? Es gibt in meiner Wohnung nicht mal eine allgemeine Emaille von einer die sich meine private Emaille schimpfen würde ganz zu schweigen.
Nach einem letzten prüfenden Blick in Richtung Waschbecken und anderer Sanitäranlagen melde ich mich wieder:
Nee, Omi lass mal so was brauche ich nicht, bei mir ist alles aus Porzellan.
„So was brauchst Du nicht?“, fragt Oma irritiert, „ ich denke das habt ihr jungen Leute alle Zuhause?“
„Nee Oma, das was die jungen Leute alle Zuhause haben ist Ikea und schlechter Geschmack, das hat mit Emaille und mit mir gar nichts zu tun. Wirklich!“ belehre ich Oma im Brustton der Überzeugung und verschweige das ich einen Ikea-Couchtisch habe und regelmäßig Schaukästen für meine Gottesanbeterinnen beim Schweden in Holland kaufe.
„Was hat Emaille den mit Geschmack und mit Ikea zu tun?“ verlangt meine Oma zu wissen und an ihrer Stimme höre ich das sie langsam ungeduldig wird.
„Also...“setze ich an und überlege wie ich Oma klar mache das Emaille total überholt ist und mir genauso wenig ins Haus kommt wie die Zeugen Jehovas.
„Also, Emaille ist doch viel zu....teuer“...teuer sag ich statt veraltet und bete das sie es schluckt...“genau... teuer und sollte eigentlich den neuen Bundesländern vorbehalten sein“...spinne ich weiter und gieße mir so leise wie möglich Vodka in meinen Orangensaft ( sie hört nichts die Gute, wenn ich mit ihr telefoniere muss ich jeden dritten Satz mehrmals ins Telefon brüllen, aber wenn ich beim telefonieren nur in die Nähe einer Flasche komme werde ich gefragt ob ich „schon wieder“ trinke) und hoffe das ihr das als Begründung dafür reicht das ich keine Emaille will...aber nein, so schnell gibt Oma nicht auf...das ist wie damals als sie diese grässlichen Lederhosen kaufte und mich sage und schreibe acht Monate bearbeitete bis mein 6jähriger Charakter schließlich klein beigab und sich wegen der doofen Hose auf dem Schulhof verhauen ließ...Hauptsache Oma war glücklich ....“Junge, ich denke das habt ihr jungen Leute alle und...“, nein nein, unterbreche ich sie und beginne wieder mit Ikea und fehlender Sensibilität im Bereich Einrichtung als sie mir brüsk das Wort abschneidet: Danielle...willst Du deine Oma veräppeln? Willst Du das? Emaille hat gar nichts mit Ikea zu tun...das hätte der Stefan mir sonst gesagt...außerdem braucht ihr jungen Leute doch alle Emaille...Briefe schreibt ihr ja nicht mehr!“
Stefan? Wer zur Hölle ist Stefan? Ich will wissen wer Stefan ist und frage nach...doch noch bevor Oma antworten kann schwant mir gar schreckliches...der schöne Stefan?, hake ich bei Oma nach und bete das sie nicht vom schönen Stefan redet...Ja, genau der schöne Stefan, freut Oma sich das ich an ihrem Leben teilnehme und mich an Stefan erinnere.
Gott steh mir bei, ich hasse den schönen Stefan. Der schöne Stefan ist eigentlich Omas Masseur und dafür zuständig die Knoten und Verspannungen aus Oma heraus zu kneten. Am ersten Tag war Oma von der holden Gestalt des schönen Stefans so angetan das sie gleich ein Date mit anschließendem Nestbau zwischen Stefan und meiner Schwester arrangieren wollte...wahrscheinlich linste sie dabei begierig auf Stefans attraktiven Genpool und auf die Tatsache das man bei der Paarung einer schönen Frau und eines schönen Mannes wohl auf schöne Urenkel hoffen darf...dann aber linste sie auf die Einnahmen des jungen Masseurs und verwarf die Idee sogleich wieder....Stefan sagte sie, Stefan ich mag dich, aber mit dem Gehalt kannst Du dir weder meine Enkelin noch meine zukünftigen Urenkel leisten!...lieber Himmel Oma...was erwartest Du? Der Mensch verdient sein Geld indem er Verhärtungen aus alten Leuten heraus knetet...egal...also der schöne Stefan war nach dieser Unterhaltung zwar nicht mehr gut genug um meine Schwester daten zu dürfen aber immer noch gut genug um weiter Omas Rückenschmerzen Linderung zu verschaffen...da man bei so einer Massage ja hin und wieder auch mal reden muss und der schöne Stefan nach 3 Monaten Omas Geschichten...“ und der Graf hatte 99 Güter....und weißt Du warum nur 99?“....alle kannte redete der schöne Stefan halt von all den Dingen die so einen 19 jährigen Masseur so beschäftigen...von Gedichten...von Madonnakonzerten ( kein gutes Thema: Oma nennt Madonna und Marlene Dietrich immer nur die läufigen Hündinnen)...von den tollen Autogrammen die er bei Ebay kauft und von all den tollen Informationen die man im Internet so bekommt...scheinbar ist man viel aufnahmefähiger wenn man unter den knetenden Fingern eines noch fast Minderjährigen liegt, denn meine Bemühungen Oma das Internet zu erklären waren mehr als nur fruchtlos...aber jetzt, ja jetzt versteht Oma plötzlich was das Internet ist....das ist wie eine Bücherei im Computer!, belehrt sie mich einen Tag später und schickt fortan Stefan ins Net um ihr dort Artikel zu suchen und Informationen über Sprachreisen...über Sudokuregeln...über Roger W....und über die Preislage von Hermestüchern zu besorgen...Süßer Jesus sei mir gnädig...Oma entdeckt das Internet...einer meiner schlimmsten Albträume wird wahr...immerhin gibt es im Net allerlei über mich zu lesen ...Dinge von denen ich nicht möchte das meine Omi sie weiß...da gibt es Interviews für deren Tonfall Oma mir den Hintern versohlen würde...da gibt es Gerüchte...Anschuldigungen und Zitate...bei dem Gedanken wird mir ganz schlecht...Dirk hat mich immer gezankt und gescherzt das Oma bestimmt mal einen Computerkurs bei den Grauen Panthern belegen würde...ach was, habe ich immer abgewunken....und nun kommt der schöne, aber scheinbar total verblödete, Stefan daher und druckt ihr irgendwelchen Mist aus...beim nächsten Besuch bei Oma erstarre ich sobald mein Hintern die Polster des Sessels berühren...dort...direkt neben Omas teuerster Teetasse liegt ein Internetausdruck über den Herrenreiter...was soll das?...ich habe meiner Oma bewusst keine Ausgabe des Herrenreiters gegeben...das kannst Du nicht lesen, da ist Schweinkram drin!, habe ich zu ihr gesagt und ihr stattdessen das Vorwort vorgelesen...und jetzt liegen die Bestellinformationen direkt vor mir auf dem Kaffeetisch meiner Omi...wenn das kein Grund ist Stefan zu hassen dann weiß ich es auch nicht...aber, so beruhige ich mich, Oma geht ja nicht selbst ins Net, nein sie schickt nur ihre debilen Schergen und letztere kommen wohl nicht auf die Idee „ Danielle de Santiago+ unerhörte Lügen bei Google einzugeben...oder Danielle de Santiago+ Porno oder was auch immer...alles ist in Ordnung beruhige ich mich und nehme einen Schluck Tee...das ist jetzt etwa vier Monate her und ich hatte den schönen Stefan schon fast vergessen...Bist Du noch da? Danielle? Hallo?, kräht Oma in ihr Telefon mit den extra großen Tasten...Ja ich bin noch da...also...hier, antworte ich kraftlos und schütte mir noch etwas Vodka in den Saft, diesmal versuche ich gar nicht erst leise zu sein...trinkst Du schon wieder? fragt Oma scharf ...nein...also...ja...Saft!, lüge ich unoriginell und gucke schulterzuckend zur Zimmerdecke...also, was ist denn mit deiner Emaille wiederholt Oma erneut...und plötzlich wird mir klar was sie will...ihr jungen Leute schreibt doch keine Briefe mehr...meinst Du vielleicht meine Email Oma? frage ich vorsichtig...ja genau, Emaille, sage ich doch die ganze Zeit, bestätigt Omi meine Befürchtungen...schreibt der schöne Stefan jetzt auch schon Emails für dich? hake ich nach...nein, das kann er nicht, dafür hat er nicht genug Zeit, klärt meine Oma mich auf...und wer macht das dann?, will ich wissen....na ich, sagt Oma, und ich kann den Triumph in ihrer Stimme hören...Du?...Ja ich, wiederholt Oma ihre Aussage in einem Tonfall in dem man wohl auch mit Sonderschülern oder mit Kader Loth reden würde...Tante Annemie hat doch jetzt auch so ein Internnett, sagt Omi und lässt so meinen Magen Achterbahn fahren...Internet, sage ich kraftlos...Internnett, sag ich doch, Internnett, wiederholt Oma ungeduldig....

Drei Tage später bekomme ich eine Mail von MeineOmaFährtImHühnerstallMotorrad@Lycos.de* ....ich bin verloren...Omi ist wirklich im Internet...ich bin gespannt was bei meinem nächsten Besuch neben Omas Teetasse liegen wird...


Amen &out

* natürlich ist das nicht die echte Email-Adresse meiner Oma