Wednesday, June 13, 2007

WÜHLTISCH-WÄIS oder wie ich Wäis Kianis Ehre verteidigte

Es gibt Dinge die sind ganz einfach. Zum Beispiel Farben die ein Oberhemd haben darf. Oberhemden dürfen gerne weiß, manchmal schwarz oder hellblau sein, auch nadelgestreift und in bestimmten Fällen ist sogar rosa in Ordnung. Ist eine ganz einfach Sache, die Sache mit den Oberhemden.

Die Sache mit den Wühltischen ist nicht ganz so einfach.
Der Intellekt eines jeden Menschen mit ein bisschen Verstand sagt ihm: Mach einen Bogen um Wühltische denn da streiten sich irre Hausmütterchen und ihre noch beknackteren und plastiktragenden Sprösse um Klamotten in denen Du nicht mal tot im Wiener Steffi unter´m Tisch liegen möchtest. Klar Sache, um Klamotten auf unordentlichen Haufen und in Körben wird ein Bogen gemacht.

Weniger einfach ist es bei den Wühltischen und Ausverkaufsständen in Einrichtungshäusern.
Obwohl ich mir jedes mal sage das ich nicht stehen bleibe, kann ich mich einfach nicht dagegen wehren. Okay, wenn da nur Gläser, Tischsets und Windlichter stehen rausche ich an dem Krempel vorbei ohne auch nur in selbige Richtung zu sehen, aber wehe, wehe ich sehe auch nur ein Stück weißes Porzellan oder irgendwas anderes was man dringend für die Küche braucht und ohne das man respektive ich keinen Tag länger leben kann weil ich es mir schon immer gewünscht habe z.B. einen Blaubarschdünster mit eingebautem Fischfiletthermometer. Sehe ich auch nur etwas das ansatzweise wie oben genannte Dinge oder wie irgendwas antihaftbeschichtetes aussieht, dann bin ich verloren. Ich habe irgendwann vor einigen Jahren von heute auf morgen beschlossen in meinem Haushalt kein farbiges Porzellan mehr zu dulden. Getrieben vom Wunsch nach ausschließlich weißem Porzellan verschenkte ich also den ganzen bunten Kram und jage seitdem nach jungfräulicher Keramik. Jeder weiß das er als alleinstehender Mann in der Küche nicht mehr als eine gute Pfanne, ein paar scharfe Messer, zwei Teller, zwei Whiskeygläser und einen ordentlichen Korkenzieher bzw. Dosenöffner braucht. Jeder nur ich nicht. In meinem wirren Hirn hat sich diese Porzellansache zu einem Sammeltick ausgeweitet und ich bin fest davon überzeugt das ich flache Teller, tiefe Teller, Suppenteller, Platzteller, Brotteller, Servierplatten, Fischplatten, Fleischplatten, Salatschüssel, Servierschüsseln, Eierbecher, Messerbänkchen, Kaffeetassen, Espressotassen, Milchkaffeeschalen, Müslischalen, Eierbecher, Kaffeekannen, Teekannen, Wasserkrüge und noch vieles mehr für mindestens nun, sagen wir mal...sagen wir einfach...etwa zwanzig Personen brauche. Zwanzig...in Zahlen geschrieben wäre das 20...nicht nur das diese Obsession mit einem gewaltigen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist, nein der ganze, wenn auch schöne Mist braucht auch noch viel Platz. Letzteres liegt unter anderem daran das man fast alle weißen Teile miteinander kombinieren kann und ich nicht dazu verpflichtet bin mich für ein bestimmtes Design zu entscheiden sondern immer einfach nur Teile finden muss die zueinander passen obwohl sie nicht zueinander gehören. Klingt einfach oder? Ist es aber nicht. Denn evt. finde ich heute eine total geile Platte die geradezu danach schreit blutige Steaks von meinem Herd zum Esstisch zu transportieren und ich kann dieses Geschrei nicht überhören und kaufe sie. Dann trage ich sie nach Hause und freu mich wie Bolle und kann es gar nicht erwarten das Teil meiner Sammlung einzuverleiben. Dummerweise muss ich aber schon in einer Woche wieder irgendwohin wo es weißes Porzellan gibt. Vielleicht nur um Kerzen oder ein Geschenk zu kaufen. Und dummerweise habe ich meine Scheuklappen Zuhause vergessen und komme nicht drum herum einen Blick auf die Porzellanabteilung zu werfen, vielleicht nur weil ich noch ein paar Müslischalen brauche. Dummerweise finde ich dann nicht nur die Müslischalen sondern auch eine Servierplatte die danach schreit blutige Steaks von meinem Herd zum Esstisch zu transportieren. Dummerweise habe ich ja schon eine solche Platte, aber diese hier, diese gefällt mir noch einen Tick besser. Also beschließe ich sowohl die Schalen als auch die Platte zu kaufen und nehme mir fest vor die andere Platte zu verschenken. Das passiert natürlich nicht weil ich mich unmöglich von einer so schönen Platte trennen kann und es endet damit das ich gottverdammt noch mal zwei Platten im Schrank habe. Ergo sind auch die Ausverkaufsstände und Wühltische in Einrichtungshäusern böse und werden hiermit zur Tabuzone erklärt.

Am schwierigsten ist es allerdings dem Sirenengesang von Bücherwühltischen in Büchereien und Supermärkten zu widerstehen.
Bücher sind schon immer meine größte Schwachstelle gewesen, größer noch als CDs. Ich lese im Schnitt 1-3 Bücher pro Woche was unter anderem daran liegt das ich a) schlecht schlafe und man b) ja nicht ständig seine Zeit mit schreiben, ficken und trinken vertrödeln kann.
Evt. liegt es c) auch daran das ich als Kind irre unbeliebt war, niemandem zum Spielen hatte und ich deswegen schon als Kind viel gelesen habe und bis heute gerne meine Nase in ein gutes Buch stecke. Hier habe ich allerdings das gleiche Problem wie mit dem Porzellan: wohin mit dem ganzen Kram? Links und rechts von meinem Bett stapeln sich die Bücher die ich noch nicht gelesen habe während sich die Bücher die ich gelesen habe im Wohnzimmer in Regalen und im Keller in Kisten stapeln.
Leihe dir doch einfach die Bücher die Du lesen willst!, raten mir meine Freunde mit einem Gesichtsausdruck als hätten sie den Stein der Weisen oder ein Heilmittel gegen Krebs entdeckt. Suuuuuper Idee. Da wäre ich alleine nie drauf gekommen. Ich besitze einen Bibliotheksausweis seit ich etwa 5 war und seit dem leihe ich auch schon Bücher aus. Dummerweise gibt es da ein bzw. zwei Probleme. Erstens brauche ich für ein Buch für das ich sonst 1-2 Tage zum lesen brauche plötzlich 2-3 Wochen wenn ich es aus der Bücherei entleihe. Weiß der Teufel warum aber ich habe in diesem Leben noch kein einziges Buch pünktlich zurück gebracht. Das ist kein Scherz. Ich bin in Bibliotheken von hier bis Sumatra dafür bekannt das ich Bücher immer mit dem Satz „ ich bin ein bisschen spät dran“ auf den Rückgabetresen lege. Das andere Problem ist das ich Eselsohren knicke, Sätze unterstreiche und gerne Bemerkungen an den Rand schreibe. An sich keine große Sache sorgt aber dafür das ich eigene Bücher die ich so bearbeitet habe nicht mehr verleihe weil ich nicht will das der Leihende sieht was ich so kritzele und ist bei geliehenen Büchern auch unpraktisch weil die Bücherei sich nicht wirklich über eine Überarbeitung ihrer Bücher freut.
Also kauf ich weiterhin Bücher. Ich kaufe sie überall. Im Internet z.B. bei Ebay oder Amazon, im Urlaub, in Flughäfen, in Buchhandlungen, gebraucht auf Bücherflohmärkten oder in Antiquariaten oder auf Wühltischen. Die Bücherei vor Ort betreibt einen solchen Bücherflohmarkt. Regelmäßig werden dort Bücher aus Privatbesitz, ergo Bücher die mal von jemandem gekauft wurden die dieser Jemand aber nun nicht mehr haben möchte, verkauft. Ich liebe diesen Markt. Denn erstens findet man dort sehr oft Bücher und Ausgaben die im Handel nicht mehr erhältlich sind ( a spy in the house of love, Verlorene Seelen), zweitens findet man dort Bücher die man schon immer lesen wollte die man aber immer wieder zu kaufen vergisst ( der Fänger im Roggen, Herr der Fliegen) und drittens ist es irre spannend zu sehen welche Bücher es sind die von den Leuten ausgemustert werden und die sie nicht mehr haben wollen. Nach meinem ersten Besuch auf besagtem Markt hatte ich das dringende Bedürfnis Herrn Konsalik und Frau Hera Lind anzurufen um ihnen mitzuteilen das jedes, ich meine wirklich jedes Buch, das sie je verkauft haben auf dem Bücherflohmarkt meines Vertrauens auf den erneuten Verkauf wartet. Ebenfalls spannend ist es wenn Widmungen oder Namen in den Büchern stehen. Wer ist wohl Miro Koschnik dem sowohl „die 120 Tage von Sodom“ als auch „Wir sind schwanger. Eine Anleitung für werdende Väter“ gehörten? Und was ist los mit Anneliese Delon die einst einen Gedichtband mit der Widmung : für die einzige, die wahre, die ich liebe!“ geschenkt bekam. Wird Annelise Delon nun von jemand anderem geliebt? Hat sie die Erinnerung an besagten Romeo nicht mehr ertragen? Bedeutete es ihr nichts? War der Galan evt. ein irrer Stalker und sie konnte es gar nicht erwarten das Buch wieder los zu werden? Ist Anneliese vielleicht tot und ihre Kinder interessierten sich nur für das finanzielle Erbe ihrer Mutter nicht aber für den emotionalen Teil?
Und was sind das für Menschen die Bücher wie den kleinen Prinzen, die Farbe Lila oder gar Grashalme weggeben? Als mein Lieblingsonkel F. starb gab ich ihm einen Brief und W.Ws. schmalen Gedichtband Grashalme mit ins Grab. Ich gab es ihm mit weil er mir davon erzählt hatte als ich etwa 16 war, es mir kaufte und entdeckte das es eines der wunderbarsten und lebendigsten Bücher ist das je geschrieben wurde. Wie kann man so etwas weggeben?
Bei den Bücherwühltischen in Supermärkten stellen sich mit ganz automatisch andere Fragen.
In erster Linie frage ich mich was ich da soll. Ich meine welche geistigen Leckerbissen könnte ein Bücherstand in einem Supermarkt für mich haben? Meine Freundin Trix Niederhauser würde mich wahrscheinlich ( wenn sie wüsste das ich Bücher in Supermärkten kaufe) mit einem Buch von Kant oder Tucholsky durch die Nationalbibliothek jagen und mir alle 5 Meter eins auf den Hinterkopf hauen und laut darüber referieren das es dem Geiste nicht förderlich ist seine Nase in Wühltischliteratur aus Supermärkten zu stecken. Aber das weiß sie ja nicht. Noch nicht.
Außerdem frage ich mich jedes Mal wer in den Märkten dafür zuständig ist zu entscheiden welches Buch mit dem hässlichen Stempel „Mängelexemplar“ versehen wird und somit als Ladenhüter den niemand will geoutet wird. Letztendlich entscheiden das wohl die Kunden in dem sie Bücher nicht kaufen, aber wer ist es der quasi zum Buch sagt. So, unsere Geduld ist abgelaufen, Du wirst verramscht!
Manchmal tut es mir in der Seele weh wenn ich sehe was das so alles gestempelt und in die Kiste verbannt rumliegt. Stephen King liegt neben Rätselheften, ein Buch über russische Künstlerinnen liegt neben einem Buch von( ich kann es kaum ausschreiben) Naomi Campbell, Mario Adorf, Nancy Friday und eine Frida Kahlo Biographie liegen neben einem Photoband der mir gewidmet ist und...Moment mal! Das kann gar nicht sein. Verstohlen blicke ich mich um und schlage dann den Photoband auf...tatsächlich...da steht „Für Danielle“...okay niemand weiß das ich besagter Danielle bin...aber dennoch liege ich auf einem Wühltisch in der Mayerschen Buchhandlung. Mir wird übel, ganz so wie damals nach dem ich zum ersten Mal griechisches Bier getrunken habe. Als ich am Telefon meinem Kumpel Gio davon erzähle sagt er mir ich soll mich nicht so anstellen, es sei nur ein Buch, noch dazu eines das ich nicht geschrieben habe. Stimmt, ist nicht meins. Wie wäre das erst sein eigenes Buch zwischen Sudokusammelbänden und verknitterten Liebesschnulzen zu finden?


Gestern war ich im Real-Markt. Und eigentlich wollte ich nur schnell Mandelschokolade und Sushi für unterwegs kaufen als ich mir nichts dir nichts einen Büchertisch mit der Aufschrift SALE! Entdeckte. Noch während ich mich fragte was bloß die armen alten Leute ( die nie Englisch in der Schule hatten) und die armen jungen Leute( die nie im Fach Englisch aufgepasst haben) wohl denken was SALE! bedeutet , näherte ich mich dem verdammten Tisch und entdeckte sofort ein Buch das mich interessierte „ das sexuelle Leben der Franzosen. Ein Skandalreport!“. Ich meine wer kann da schon weglesen? Also griff ich mir das Buch und wollte es gerade aufschlagen als mein Blick auf das Buch fiel das im Stapel unter dem französischen Sexschinken gelegen hatte: Stirb, Susi! Von Wäis Kiani.
War das ein schlechter Witz? Nö, das Buch war als Mängelexemplar gestempelt.
Wer „Stirb“ noch nicht gelesen hat sollte das schnellstens tun. Ich bin zum ersten Mal, ich traue es mich kaum zu sagen, in der Bunten über einen Artikel über das Buch gestolpert. Dummerweise habe ich ein mieses Gedächtnis wenn es um Bücher geht die ich lesen möchte und so kam es das ich, als das Buch endlich erschien, schon keinen blassen Dunst mehr hatte wer denn Wäis Kiani eigentlich ist. Glücklicherweise stolperte ich erneut über das Buch. Diesmal im Berliner Kulturkaufhaus schlechthin, erinnerte mich an den Titel, schnappte mir eine Ausgabe und setze mich damit in den Lesebereich und blieb da sitzen. Ich saß etwa drei Stunden dort und erschreckte mit meinen Lachkrämpfen solange meine Mitlesenden bis eine Angestellte des Hauses kam, mir eine Hand auf die Schulter legte und mich fragte ob alles okay sei.

Ja, antwortete ich, ich kaufe dieses Buch. Sie brauchen es nicht einpacken, ich lese es gleich hier noch mal.

Worauf ich hinaus will ist das „Stirb“ ein tolles Buch ist, das ich mag ( obwohl ich ein Mann bin) und obwohl Wäis mich mit ihrem zweiten Buch (das war wirklich nur was für „Mädchen“) enttäuschte bin ich nach wie vor der Meinung das der Frau ein Denkmal aus Designerschuhwerk gebaut werden sollte und das „Stirb“ weder heute noch morgen auf irgendeinen Grabbeltisch gehört.
Vielmehr sollte es jedem kleinen Mädchen in die Schultüte gepackt werden damit es lernt wie man ne coole Braut wird und damit es sich keinen Scheiß von irgendwelchen Typen erzählen lässt.
Ich habe dann alle drei Ausgaben von „Stirb“ gekauft die da traurig auf dem Wühltisch lagen. Klar ich habe schon die Gebundene Zuhause, aber ich habe ja Schwestern und Cousinen.

Was lernen wir daraus?
Richtig. Wühltische sind böse und Wäis Rat ist gut, wenn in diesem Fall auch nicht teuer.

Amen &out

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